16.12.25 –
Manchmal verdichtet sich in einer einzigen Sitzung, warum dieser Bezirk politisch stagniert. Die letzte Bezirksversammlung war ein solcher Abend: Eine Koalition, die Verwaltung mit Politik verwechselt, Bürgerbeteiligung für Störung hält und Klimaschutz für Zumutung – und natürlich GRÜNE Vorschläge ablehnt, auch wenn sie der Stadt nützen würden.
Klärchenstraße – Die Koalition verliebt in Parkplätze, allergisch gegen Sicherheit
Zwei Bürger waren eigens erschienen, um für sichere Wege, im Besonderen Schulwege ihrer Kinder, einzutreten. Was sie hörten, war eine Mischung aus Relativierung und Verharmlosung. Die Koalition erklärte tatsächlich, weniger Parkplätze könnten „Gefahren erhöhen“.
SPD, CDU und FDP verneinten Sicherheitsgewinne, behaupteten, wir GRÜNE versuchten „Schema F“ durchzudrücken. Thorsten entgegnete für uns klar: „Uns geht es nicht um Schemata, sondern um Sicherheit – und darum, Radverkehr endlich so zu behandeln, wie es der Senat beschlossen hat.“ Immerhin ist die hier betroffene Radroute 17 zentraler Teil des landesweiten Bündnisses für den Rad- und Fußverkehr.
Ich hatte einen echten Fremdschäm-Moment, als die Koalition vor den Bürger*innen versuchte, sich aus der Verantwortung zu reden. Die neue Planung sei nur „ein ganz normaler Vorgang“. Tatsächlich ist die ursprüngliche Idee einer Fahrradstraße in der Stellungnahme der Koalition klar beerdigt – schräg, sich nicht einmal zu trauen, das vor den Anwohner*innen so zu benennen.
Wer will, dass Kinder sicher Rad fahren können, sollte nicht auf SPD, CDU und FDP vertrauen. Sie verhindern aktiv die Verkehrswende – und reden ihr Tun anschließend klein.
Geschichtswerkstatt Fuhlsbüttel – Kulturkampf mit Verwaltungsprosa
Seit 37 Jahren arbeitet die Willi-Bredel-Gesellschaft im Stadtteil. Was die Koalition ihr nun präsentierte, war kein Dialog, sondern eine Drohung: Entweder der Verein betreibt binnen Monaten einen „ergebnisorientierten“ Modernisierungsprozess inklusive kritischer Prüfung seines Namensgebers – oder die Förderung fällt 2027 weg. Isabel brachte es für uns auf den Punkt: „Einvernehmliche Weiterentwicklung ja – aber nicht, indem man eine Geschichtswerkstatt mit der Brechstange diszipliniert und mit Entziehung der Mittel droht.“ Unklar sei in dem Zusammenhang auch, warum nur diese eine Geschichtswerkstatt nun so brachial zu Veränderungen gedrängt würde. Das ist kein kulturpolitischer Prozess, sondern Machtpolitik im schlechtesten Sinne.
Der Vorsitzende der Gesellschaft benannte seinen Eindruck dazu sehr klar: „Ich habe das Gefühl, es stehe im Raum, wir hätten die Behörden all die Jahre hinters Licht geführt.“
SPD-Fraktionschefin Tina Winter verstieg sich zu Fragen nach der Zukunft des Vereins „wenn Sie mal nicht mehr sind“. Es war kaum zu überhören, dass die Geschichtswerkstatt Fuhlsbüttel nicht nur ihren Namen, sondern auch ihr Programm und ihre Altersstruktur ändern soll, um der Koalition noch zu gefallen.
Die CDU nannte die Bredel-Gesellschaft einen „ZK-Fanclub“, den man nicht dulden könne – und das aus einer Fraktion, die sich noch vor kurzem für die Hindenburgstraße stark machte und sich so unverhohlen als „Hindenburg-Fanclub“ positionierte, wenn man dieser Argumentation folgen will. Hier sollte übrigens anstelle einer Umbenennung eine Einordnung genügen.
Klimaneutralität 2040 – Die Koalition kann ihre Verantwortung nicht ständig wegschieben
Volt erwirkte mit ihrem Antrag eine Debatte über konkrete Schritte zur Umsetzung des Zukunftsentscheids. Der scheint erste Wirkung zu zeigen: FDP-Vorsitzender Claus-Joachim Dickow stellte immerhin fest: „Auch wenn ich gegen den Volksentscheid war – er ist beschlossen. Wir müssen jetzt sehen, wie wir damit umgehen.“ Ein Satz, der nach langer Blockade schon fast so klingt, als hätte man die Problematik der Klimakatastrophe nun wenigstens (widerwillig) anerkannt.
Christoph machte klar, dass schon einiges passiert – dafür haben wir GRÜNE viele Jahre lang mit umweltpolitischer Arbeit und viel Engagement gegen die Widerstände der anderen Fraktionen gesorgt. Er mahnte aber auch an, dass es nicht bei leeren Phrasen bleiben kann: „Wir werden die Koalition daran messen, was sie erreicht – und was sie verhindert.“
Immerhin wurde der Antrag in den Klimaauschuss KUM überwiesen – ein Fortschritt in einem Bezirk, in dem Anträge zuletzt oft durchgewunken oder abgeräumt wurden, ohne je fachlich daran zu arbeiten.
Gebäudebrüter & Fledermäuse – Wenn Naturschutz als lästige Pflicht gilt
Unser Antrag zum Artenschutz war denkbar einfach: informieren, motivieren, fördern. Die Antwort der Koalition war ein einziger Abwehrreflex. SPD-Mann Martin Albers unterstellte uns „Aktionismus für die Presse“ und zweifelte den nachgewiesenen Populationsrückgang an – ein Argumentationsmuster, das man sonst aus einschlägigen Echokammern kennt. Seine Quintessenz: Man wolle die Bauprüfer „nicht damit nerven“. Die Koalition verwies auf Landeszuständigkeiten, Bürokratie – was der Baukasten der Verantwortungsunlust halt so hergibt.
Christoph brachte es auf den Punkt: „Hier wurden Gründe gesucht, um abzulehnen.“
Es ist diese Verweigerungshaltung, die Hamburg-Nord ökologisch ausbremst. Der Antrag wurde schlicht abgelehnt.
Stadtteilkonferenz Langenhorn – Beteiligung ja, aber bitte nicht so viel
Langenhorn wächst, diskutiert, entwickelt Ideen. Die Impulse kommen aus zwei Prozessen: dem laufenden Stadtteilentwicklungskonzept (Stek) des Bezirksamts und der Initiative zur Aufnahme in das RISE-Förderprogramm. Beides erzeugt Energie im Stadtteil – Gespräche, Workshops, Beteiligung.
Genau diesen Beteiligungs-Flow wollten wir verstetigen, damit die Ideen nicht im Leerlauf versanden, sobald die Planungsphase endet. Eine Stadtteilkonferenz im Anschluss an das Stek wäre das Format gewesen, das Bürgervereine, Initiativen, Gewerbe und engagierte Einzelpersonen dauerhaft vernetzt – wie in anderen Stadtteilen längst erfolgreich praktiziert.
Die SPD erklärte jedoch, das Format sei schon einmal „eingeschlafen“ und man solle noch „ein Jahr warten“. Nadja hielt dagegen:„Wir wollen den Flow erhalten. Beteiligung wirkt am besten, wenn Menschen sie prägen können.“
Aber: Die Koalition schwang wieder den Ablehnungs-Hammer. Und veröffentlichte sogar eine eigene Pressemeldung, um den Antrag wortreich defensiv abzuqualifizieren. Ein hohes Maß an Verteidigungswille – offenbar eine empfindliche Stelle.
Legale Graffitiwände – Bürokratie plötzlich kein Problem
Bemerkenswert: Wo es um Graffiti geht, sind Bürokratie und Kosten plötzlich kein Ablehnungsgrund, wie sonst so oft. Denn egal, wie sinnvoll unsere Anträge sind: Mit dem Verweis auf Bürokratie werden sie gerne argumentativ bequem abgeräumt. Insofern war dieser Antrag ein selten ehrlicher Moment: Wo man will, geht es halt. Auch sind der Koalition im Zusammenhang mit Graffiti Vergleiche mit Barcelona und Paris genehm – in Sachen Verkehrspolitik wird das sonst immer abgelehnt, die Städte seien eben einfach anders. Geht doch, auf Entwicklungen anderer Metropolen zu blicken, wie schön!
Wir haben natürlich zugestimmt, weil wir Kultur immer gut finden. Das Kulturverständnis der Koalition schien uns in letzter Zeit etwas verengt, deswegen drücken wir der Koalition die Daumen, dass niemand „I love Willi Bredel“ an die Wände sprayt...
Interkultureller Fonds – Wenn die Koalition Ideen erst ablehnt und dann kopiert
Unser Antrag wurde im Oktober abgelehnt, zwei Monate und eine am Geldmangel gescheiterte Kulturveranstaltung später bringt die Koalition einen identischen Antrag ein – und feiert sich dafür ausgiebig, als wäre das allein ihre Idee gewesen. Ein schräges politisches Manöver, aber immerhin versprach man, im nächsten Jahr anders damit umzugehen. Hoffentlich erinnert sich dann noch wer.
Friedrichsberger Straße – Sicherheit? „Ich sehe da keine Probleme.“
Hier geht es um etwas Konkretes und Dringliches: Die Polizei möchte in der Friedrichsberger Straße das bestehende Gehwegparken durch die Erneuerung der Verkehrszeichen gefestigt. Das Problem: Direkt daneben verlaufen ein schmaler Radfahrstreifen und ein schmaler Gehweg, auf dem viele Kinder fahren – Kindergarten und Grundschule liegen in unmittelbarer Nähe. Gleichzeitig gab es drei dokumentierte Dooring-Unfälle in fünf Jahren – der zuständigen Polizistin ist keine derartige Häufung an einer Straße im Bereich bekannt.
Unser Antrag wollte deshalb nur eines: eine sicherheitsfachliche Überprüfung, ob dieser Parkraum an dieser Stelle überhaupt vertretbar ist. Die Koalition verweigert das.
Marcel machte die Lage klar: „Sie lehnen ab und zeigen damit: Sie wollen es gar nicht wissen.“
CDU-Abgeordnete Clarissa Bohlmann holte eine Begründung raus, die man sonst aus anderen Ecken kennt: „Aus eigener Erfahrung weiß ich: Da gibt es keine Probleme.“ Autsch! Das Abwieglungsschema „Wenn ich es nicht erlebe, existiert es nicht“ ist eigentlich spätestens aus Debatten über Rassismus und Geschlechterdiskriminierung diskreditiert – aber auf so progressiven Feldern ist die CDU ja genauso wenig zu Hause wie auf dem der Verkehrspolitik für alle.
Fazit: Hamburg-Nord könnte mehr – viel mehr
Die Sitzung offenbarte erneut das Grundproblem dieser Koalition:
Sie begegnet (GRÜNER) Innovation mit Ablehnung, Fortschritt mit Ausreden und Verantwortung mit Ausflüchten.
Währenddessen verlieren wir Zeit – Zeit, die Hamburg-Nord nutzen könnte, um sicherer, grüner, kulturell stärker und sozialer zu werden. Unser Bezirk wird unter Wert geführt.
Daniela Clément
Bezirksabgeordnete
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